Dürener Zeitung, 17.09.08 200 Routen in Nideggens Felsen sind genug Nideggen. Die Bilder könnten aus einem Märchenfilm sein: Buntsandsteinfelsen mit feinsandigen Schichten, darüber oder darunter Kiesel, auf der Höhe der Rur gehen sie in Schiefer über. Sie sind recht alt, vor 220 Millionen Jahren im Trias entstanden, diese steinigen Wahrzeichen rund um Nideggen. Heidrun Düssel, die als Expertin der Biologischen Station an der Begehung des Effels teilnimmt, bezeichnet sie als eine biologische Einmaligkeit, schützenswert im Sinne des Naturschutzes. Sie und ihre Kollegin Henrike Körber, die für NABU und BUND arbeitet und dem «Arbeitskreis Fledermaus» angehört, sind der Einladung der Fraktion der Grünen im Nideggener Stadtrat zur Begehung des Effels gefolgt, vertreten durch Gudrun Zentis und Klaus Droste. Ein karges Biotop In und um die Felsen leben verschiedene Natternarten und Echsen, die Sonne und Wärme brauchen und in diesem kargen Biotop seit Jahrhunderten zu Hause sind. Auf den Felsen wachsen seltene Flechten, jedes Jahr einen Zentimeter. Einige sind schon sehr alt, andere haben keine Überlebenschance, wenn ein Kletterseil daran vorbei schrammt. «Hier leben tatsächlich im positiven Sinne Extremisten», beschreibt Henrike Körber diesen einmaligen Lebensraum. Einige Sportbegeisterte haben eine Kletterwand besetzt, schauen misstrauisch auf die beiden Fotoapparate. Unterhalb der Felsen, die beklettert werden, gibt es kaum ein Pflänzchen. Bäume halten sich mit ausgespültem Wurzelwerk spinnenartig am Hang fest. Der Grund für ihren Zustand sind die vielen Füße, die seit Jahren auf dem Weg zur Kletterwand darauf herumtrampeln. Verblichene Tafeln, die Buchstaben sind unleserlich, hängen an den Aufstiegstreppen. Unverkennbar zahlreiche weiße Flecken, Spuren von Magnesium, das eigentlich, so stand es auf den Tafeln, nicht benutzt werden darf, weil es die Struktur der Felswände allmählich zersetzt. Etwa 1000 Fledermäuse hausen noch in den Felsen in Nideggen. Es sind Arten, so Henrike Körber, die mit den oft harten Bedingungen noch gut zurechtkommen. Im Winter jedoch kann ein «Wohnungswechsel» für die Tiere tödlich sein. Wohnungswechsel erfolgen immer dann, wenn Tiere durch den Menschen gestört werden. Ein Kletterverbot im Winter wäre da, so die Fledermausexpertin, wünschenswert. In den Nideggener Felsen existieren fast 200 Kletterrouten, oft im Abstand von wenigen Metern. Was wollen die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Gudrun Zentis, und ihre Kollegen? Sie wollen nichts Neues. Sie fordern nur, dass der so genannte «Kletterkompromiss», der vor Jahren mühsam ausgehandelt wurde, nicht zu Fall gebracht wird. Kletterverbände und Tourismus-Lobbyisten verlangen seit längerer Zeit wieder, dass mehr Felsen rund um Nideggen zum Klettern frei gegeben werden. Die Folgen sind nach Meinung der Naturschützer unausweichlich: Zerstörung von wertvollen Biotopen und verstärkte Erosion der Felsen. Bildunterschrift: Gudrun Zentis, Klaus Droste (beide Grüne) und Henrike Körber (v.l.) überwinden nur mühsam das ausgespülte Wurzelwerk eines Baumes.
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