Kölner Rundschau Nr. 97, Montag, 27. April 1998
Steilwand an der Hohenzollernbrücke eingeweiht Kletterer: Kein Trost für Sperrung der Eifel "Der Aktionismus der deutschen Behörden hat ein neues Ei des Kolumbus hervorgebracht." Volker Dries ist wütend. "Daß wir Kletterer jetzt hier am östlichen Pfeiler der Hohenzollernbrücke mit Genehmigung der Stadt unserem Hobby nachgehen dürfen, ist keine Alternative zum Klettern in der freien Natur was in der Eifel ja nun dank unseres Regierungspräsidenten verboten ist. " Geteilte Ansichten gab es bei der Eröffnung der Kletteranlage in Deutz. Der frischgebackene Oberstadtdirektor Klaus Heugel war ganz zufrieden mit dem Abkommen zwischen dem Deutschen Alpenverein (DAV) und der Stadtverwaltung Köln. "Die ehemals ‘wilden’ Kletterer können jetzt die von der Kölner DAV Sektion angebrachten rostfreien Haken benutzen und sind auch versicherungstechnisch gedeckt." Reinhard Thon, Leiter des Amtes für Brücken und Stadtbahnbau, hält die Anlage gar für eine Bereicherung der Kölner Bevölkerung. "So etwas sieht man nicht alle Tage. Neben den Rheinuferflaneuren werden auch die Messebesucher ihren Spaß am Zuschauen haben. Die Kletterer sehen das anders. "Die Begründung, die Natur leide unter diesem Sport, ist vorgeschoben. Wir klettern sowieso nur am unbewachsenen Fels!" Dries' Begleiter Klaus Weber aus Kerpen schüttelt den Kopf. "Jetzt verpesten wir stundenlang mit dem Auto auf dem Weg nach Belgien oder Luxemburg die Luft, wo die Politik es nicht nötig hat, der Öffentlichkeit irgendwelche Pseudoergebnisse zu präsentieren." DAV Ausbildungsreferent Johannes Arnold gibt sich diplomatisch. "Natürlich ersetzt das Klettern in der Stadt die Naturerfahrung nicht. Das Verbot gerade für die naturverbundenen Kletterer ist fragwürdig. Doch nun gehen die vormals illegalen, schlecht gesicherten Brückenkletterer kein Risiko mehr ein - weder gesundheitlich noch juristisch." Außerdem mache das Training für die echte Natur hier mehr Spaß als in der Halle. Das findet auch der 17jährige Simon Sticker. Wie etwa 25 andere Kletterer kam auch der Schüler aus Lindenthal mit Seil und Gurten, um an der Übergabe der Anlage durch Thon teilzunehmen. Dieser lehnte das Angebot vom ersten DAV Vorsitzenden Helmut Silber selbst das Abseilen auszuprobieren, dankend ab. Im war es wohl (Draht )Seilakt genug, als Repräsentant der Stadt Köln das etwa hundert Quadratmeter große, wohlzivilisierte Kletter-Reservat einzuweihen - zum Ausgleich für den Verlust der nördlichenEifel. sab Bilduntertitel: Als Trainingswand gilt die neue Kletterwand an der Hohenzollernbrücke bei denKletterern - eine Alternative zur freien Natur ist sie nicht.
Dürener Zeitung, Nr. 97, Montag, 27. April 1998 D
"Naturschutz ist ganz im Sinne" der Fremdenverkehrsbetriebe Rurtal: Nabu und Bund weisen Kritik von Gastwirten zurück Kreis Düren. Doris Siehoff (BUND) und Dr. Jürgen Klünder (Nabu) nehmen Stellung zur Diskussion um den Schutz des Rurtals. Sie schreiben unter anderem: Bestürzt nehmen die Naturschutzverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Naturschutzbund Deutschland (NABU) zur Kenntnis, daß einzelne Besitzer von Gastronomiebetrieben seit einigen Wochen die Bemühungen um den Schutz des Rurtals zu torpedieren versuchen. Dies geschieht teils mit irreführenden Argumenten, teils aus Unwissen oder wegen fehlenden Sachverstandes. Seit dem 1. April 1998 herrscht in der Tat ein Kletterverbot für die Buntsandsteinfelsen im Rurtal. Aber nur weil bisher noch niemand bereit ist, die zum Klettern freigegebenen Felsen zu pachten. Laut Verordnung der Bezirksvertretung in Köln darf nämlich nach wie vor nach Abschluß eines Pachtvertrages an der Hirtzley, dem Krefelder Hüttenfels und den 14 Felsen der Effels geklettert werden. Aber der Deutsche Alpenverein (DAV) will mehr. Er pokert zur Zeit sehr hoch und gibt sich mit diesen 16 Felsen mit insgesamt 213 Kletterrouten nicht zufrieden. Deshalb lehnt er eine Verlängerung des Vertrages ab. Das derzeitige Kletterverbot hat sich der DAV also selber zuzuschreiben. Um sachlich zu diskutieren: Die Projektgruppe Tourismusförderung Eifel Hohes Venn (Pro Tour) ermittelte, daß lediglich 4 Prozent der Besucher des Rurtales Kletterer sind. Und von diesen 4 Prozent übernachten nur 5 Prozent im hiesigen Beherbergungsgewerbe. 65 Prozent der Kletterer fahren abends wieder nach Hause. "Die Tagesausgaben der Kletterer liegen deutlich unter dem Wert anderer Erholungsgruppen" (Pro Tour). Diese nüchternen, doch überraschenden Zahlen sollten den jammernden Wirt veranlassen, über die Ursachen seiner Einkommensverluste kritischer nachzudenken. Nein, die Chancen für den Tourismus im Rurtal liegen nach Ansicht von BUND und NABU nicht bei den Kletterern, sondern woanders. Sämtliche Untersuchungen zur Förderung des Tourismus ergaben, daß Natur und Landschaft das wertvollste Kapital des Rurtales sind. Für 90 Prozent der Gäste gab dies den Ausschlag für einen Eifelurlaub. Sie wollten in einer der schönsten Landschaften Nordrhein Westfalens wandern, spazierengehen und Kaffee trinken. Die abwechslungsreiche Landschaft mit ihren sanften Höhen, Tälern, Wäldern, Flüssen und Seen lockt die Besucher. Sie suchen die ländliche Idylle, das kulturelle Erbe mit Burgen, Kirchen und Kapellen. Der Natur und Kulturlandschaftsschutz sind die Standbeine eines sanften Tourismus. Hier liegt die Chance für die Gastronomie des hiesigen Raumes, nicht im Massentourismus und nicht bei sportlichen Aktivitäten. Er läßt die gesamte Infrastruktur in der übrigen Zeit brach liegen und vertreibt die Urlauber, die hier übernachten und Ruhe und Erholung suchen. Der Übernachtungsgast mit 80 DM Tagesausgabe wird dem Massentourist mit 30 DM Tagesausgabe weichen. Es sollte hellhörig machen, daß sich 25 Prozent der Besucher durch Verkehr belästigt fühlen, und jeder fünfte Gast Defizite bei Unterkunft und Gastronomie beklagt. Die schützenswerten Lebensräume, die nicht nur von bedrohten Pflanzen und Tieren, sondern auch von Touristen geschätzt werden, sollten mit Stolz in der Fremdenverkehrswerbung angepriesen werden. Anstatt den Naturschutz zu verurteilen und fälschlich als Sündenbock zu stempeln, sollten Gastronomie und Beherbergungsgewerbe sich die Schutzbemühungen zu eigen machen. Ansonsten läuft man Gefahr, sein Standbein gegen ein Holzbein einzutauschen.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger, Montag, 27. April 1998
Aufstieg mit Blick Seit Samstag kann man die groben Steinwände der Hohenzollernbrücke wie ein Bergsteiger bezwingen - im neu eingerichteten Kletterpark des Alpenvereins. Die Stadt überließ die Mauern neben dem Hyatt-Hotel der Kölner Sektion des Alpenvereins. Die Wände waren den ganzen Tag gut frequentiert.
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